Einleitung: Das Problem der Überempfindlichkeit nach Hörgeräteanpassung

Hörgeräte sind eine wesentliche Hilfe für Menschen mit Hörverlust, da sie die Fähigkeit, Geräusche und Sprache besser zu hören, wiederherstellen. Doch für viele Patienten, die neu mit Hörgeräten ausgestattet werden, tritt ein häufiges Problem auf: Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen. Nach der Anpassung an ein Hörgerät kann es sein, dass das Gehirn überfordert ist, mit der plötzlich verstärkten Geräuschkulisse umzugehen. Besonders laute oder plötzliche Geräusche können als unangenehm oder sogar schmerzhaft empfunden werden.

Hier kommt der Hörtherapeut ins Spiel. Ein Hörtherapeut kann helfen, diese Überempfindlichkeit zu überwinden und den Patienten in den Prozess der Gewöhnung an das Hörgerät zu unterstützen. In diesem Artikel gehen wir detailliert darauf ein, warum Hörtherapeuten bei der Überempfindlichkeit nach der Anpassung von Hörgeräten eine entscheidende Rolle spielen.


1. Was ist Überempfindlichkeit und warum tritt sie auf?

Die Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen, auch als Hyperakusis bekannt, ist ein Zustand, bei dem normale oder sogar alltägliche Geräusche als unangenehm oder schmerzhaft empfunden werden. Dies kann nach der Anpassung eines Hörgeräts oder einem Cochlea-Implantat häufig auftreten. Es ist eine häufige Reaktion des Gehirns auf die plötzliche Verstärkung der Geräusche, die es zuvor aufgrund von Hörverlust nicht mehr oder nur eingeschränkt wahrgenommen hat.

Die Gründe für diese Überempfindlichkeit sind vielfältig:

  • Hörsystemanpassung: Wenn das Gehirn nach längerer Zeit ohne ausreichende akustische Reize wieder Geräusche hört, kann es anfänglich Schwierigkeiten haben, die Lautstärke angemessen zu verarbeiten.
  • Neuroplastizität: Das Gehirn muss sich an die neue akustische Umgebung anpassen, und diese Anpassung kann schrittweise erfolgen. Zu Beginn kann es zu einer Überlastung des auditiven Systems kommen, was zu einer verstärkten Empfindlichkeit führt.
  • Hörentwöhnung: Ein längerer Hörverlust kann dazu führen, dass das Gehirn weniger empfindlich gegenüber Geräuschen wird. Sobald wieder mehr Geräusche gehört werden, reagiert das Gehirn mit einer Art „Schockreaktion“, da es die Lautstärke und Intensität der Geräusche nicht richtig einordnen kann.

Diese Überempfindlichkeit kann das Tragen eines Hörgeräts unangenehm machen und dazu führen, dass Patienten das Gerät wieder abnehmen oder ablehnen. In solchen Fällen kann ein Hörtherapeut den entscheidenden Unterschied machen.


2. Die Rolle des Hörtherapeuten bei der Überempfindlichkeit

Ein Hörtherapeut ist darauf spezialisiert, den Patienten nicht nur bei der Anpassung an Hörhilfen wie Hörgeräten zu unterstützen, sondern auch die psychischen und kognitiven Herausforderungen zu überwinden, die mit der Nutzung von Hörgeräten verbunden sind. Die Arbeit eines Hörtherapeuten bei Überempfindlichkeit umfasst mehrere zentrale Schritte, die den Patienten helfen, sich schrittweise an die neue akustische Welt anzupassen.


3. Schritte, die der Hörtherapeut unternimmt, um die Überempfindlichkeit zu behandeln

a) Individuelle Beratung und Aufklärung

Der erste Schritt in der Behandlung von Überempfindlichkeit ist die Aufklärung des Patienten über den Zustand. Viele Patienten wissen nicht, warum sie plötzlich eine Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen erleben, und diese Unsicherheit kann die Frustration verstärken. Der Hörtherapeut erklärt dem Patienten, dass diese Reaktion völlig normal ist und in vielen Fällen mit der Anpassung des Gehirns an das neue Hörgerät zusammenhängt.

Der Therapeut vermittelt auch, dass die Gewöhnung an das Hörgerät Zeit braucht und dass es keinen Grund zur Sorge gibt. Diese Aufklärung hilft, Ängste und Unsicherheiten zu reduzieren und die Akzeptanz des Hörgeräts zu fördern.

b) Gezieltes Hörtraining zur Anpassung an neue Geräusche

Ein wichtiger Bestandteil der Therapie ist das Hörtraining, das speziell darauf abzielt, die Zentralverarbeitung der akustischen Reize zu verbessern. Dies bedeutet, dass das Gehirn schrittweise darauf vorbereitet wird, die verstärkten Geräusche besser zu verarbeiten.

Das Training umfasst:

  • Lautstärkeanpassung: Der Hörtherapeut hilft dem Patienten, das Hörgerät schrittweise auf die richtige Lautstärke einzustellen, sodass es weder zu laut noch unangenehm ist.
  • Klangdifferenzierung: Übungen zur Klangdifferenzierung helfen, Geräusche und Sprache in unterschiedlichen akustischen Umgebungen zu erkennen, ohne dass es zu einer Überlastung kommt.
  • Fokussierung: Spezielle Übungen fördern die Fähigkeit, auf relevante Geräusche zu fokussieren, während störende Geräusche ausgeblendet werden.

Durch diese Übungen wird das Gehirn auf die akustische Vielfalt vorbereitet und lernt, den Schall besser zu verarbeiten.

c) Allmähliche Gewöhnung an verstärkte Geräusche

Ein weiterer wichtiger Schritt in der Behandlung der Überempfindlichkeit ist die schrittweise Gewöhnung des Patienten an das verstärkte Hörbild, das durch das Hörgerät erzeugt wird. Der Hörtherapeut empfiehlt oft, das Hörgerät zunächst für kurze Zeiträume zu tragen und die Tragedauer allmählich zu verlängern. Auf diese Weise kann das Gehirn die veränderten akustischen Reize in kleinen Dosen verarbeiten und sich an die neue Geräuschkulisse gewöhnen.

Die Graduierung ist entscheidend, da eine zu schnelle Einführung in die vollständige Lautstärke zu einer Überforderung führen kann. Der Therapeut stellt sicher, dass der Patient mit jedem Schritt eine positive Erfahrung macht und sich mit der neuen Hörempfindung wohl fühlt.

d) Entspannungstechniken zur Linderung von Stress und Überempfindlichkeit

Viele Patienten erleben zusätzlich zur Überempfindlichkeit auch psychische Belastungen wie Stress und Angst, die durch die Überwältigung mit Geräuschen verstärkt werden. Der Hörtherapeut kann Entspannungstechniken anbieten, die dem Patienten helfen, Stress abzubauen und die Geräusche besser zu verarbeiten.

Techniken wie:

  • Atemübungen zur Beruhigung des Körpers und Geistes
  • Meditation und Achtsamkeitstraining, um die innere Ruhe wiederzufinden
  • Progressive Muskelentspannung, um den gesamten Körper zu entspannen

Diese Techniken fördern das Wohlbefinden des Patienten und verringern die Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen.

e) Zusammenarbeit mit Hörakustikern für die richtige Geräteanpassung

Der Hörtherapeut arbeitet eng mit Hörakustikern zusammen, um sicherzustellen, dass das Hörgerät des Patienten richtig eingestellt ist. Wenn die Lautstärke oder Frequenzeinstellungen des Geräts zu stark sind, kann dies die Überempfindlichkeit verschärfen. Ein angepasstes Gerät, das die akustischen Bedürfnisse des Patienten berücksichtigt, trägt entscheidend dazu bei, die Reizüberflutung zu reduzieren.

Der Hörtherapeut sorgt dafür, dass der Patient regelmäßig mit dem Hörakustiker in Kontakt bleibt und dass Anpassungen am Gerät vorgenommen werden, wenn dies erforderlich ist.


Wie der Hörtherapeut bei Überempfindlichkeit nach der Anpassung von Hörgeräten helfen kann

Die Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen ist ein häufiges Problem, das nach der Anpassung an Hörgeräte auftreten kann. Sie kann für den Patienten frustrierend und belastend sein, aber mit der richtigen Unterstützung durch einen Hörtherapeuten lässt sich dieses Problem effektiv angehen. Der Hörtherapeut hilft durch Aufklärung, Hörtraining, Entspannungstechniken und eine enge Zusammenarbeit mit dem Hörakustiker, die Überempfindlichkeit zu überwinden und das Tragen des Hörgeräts zu einer positiven Erfahrung zu machen.

Dank des gezielten Hörtrainings und der allmählichen Gewöhnung kann der Patient das volle Potenzial seines Hörgeräts nutzen und die Welt des Hörens wieder mit neuen Ohren erleben.

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